Wann haben Sie das letzte Mal etwas «versanden» lassen (abgesehen von den geplan­ten Strandferien vor einem Jahr)?

Den meisten von uns passiert es: Man ist an einem Projekt dran, das nicht unmittelbare Resultate zeitigen muss. Wenn man durch andere Aufgaben unter Druck ist, schiebt man es gerne auf, vielleicht eine Woche, vielleicht einen Monat. Dennoch hat es eine gewisse Wichtigkeit, sonst hätten wir ja nicht damit begonnen.
Mit der Zeit verliert man Fokus und Anknüpfungs­punkt an das Projekt. Es wird immer schwieriger fortzusetzen. Es versandet. Handelt es sich dabei um ein Hobby oder Ähnliches, so sind die Auswirkun­gen meist kurzfristig und beschränkt auf einen selbst. Schlimmer ist es, wenn das versandete Pro­jekt mit anderen Menschen, im Besonderen mit der Familie zu tun hat. Hier hat das «Versanden­lassen» Potenzial für das Entstehen von langfristi­gen Konflikten und Kränkungen. In unserer Arbeit mit Unternehmerfamilien sehen wir es deutlich: Workshops mit diesen zu Fragen des Familienunter­nehmens, der Unternehmerfamilie und der Nach­folge haben stets eine Sach- und eine emotionale Ebene. «Der Weg ist das Ziel» trifft in dieser Konstel­lation besonders zu. Umso mehr kann ein «Versan­denlassen» in der Unternehmerfamilie zu einer negativen Dynamik führen – die Familie driftet aus­einander.
Gegen das «Versandenlassen» bei Familienprojekten können Sie folgende Strategie anwenden: Setzen Sie sich als Familie gemeinsam messbare Ziele, die durchaus auch generell formuliert sein dürfen. Legen Sie anschliessend einen Rhythmus für die periodische Überprüfung dieser Ziele fest und kommunizieren Sie diesen Prozess verbindlich. Die Überprüfung sollte gemeinsam in einer Zusam­menkunft (wir nennen es Familienversammlung und Familienrat) erfolgen. Das Wichtigste dabei ist, dass man sich die Konsequenzen eines «Versanden­lassens» vor Augen führt. Diese Motivation genügt meist, um dranzubleiben und das «Versanden­lassen» auf die Sommerferien zu beschränken.
Kolumne von Dr. Stefan Schneider, Senior Manager CONTINUUM AG, LEADER Unternehmermagazin, Ausgabe Juni/Juli 2021
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