Für Familienunternehmen und Unternehmen der öffentlichen Hand.

KLARE VORGABEN

Die Eignerstrategie bildet Ziele und Interessen der Eigentümer (Aktionäre/Gesellschafter) ab und gibt dem Verwaltungsrat eine klare Richtung vor. Insbesondere bei Familienunternehmen und aber auch Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand stellt sie ein wichtiges Element der Family Governance, bzw. der Corporate Governance und der Public Corporate Governance dar.

Die Eignerstrategie legt die Leitplanken für das Unternehmensleitbild und die Unternehmensstrategie fest. Sie ist im Rahmen der Family Governance, der Corporate Governance und der Public Corporate Governance ein wichtiges Führungs- und Kontrollinstrument der Aktionäre. Sie dient dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung als Kompass für die strategische und operative Führung des Unternehmens. Während die öffentliche Hand seit einigen Jahren standardmässig entsprechende Strategien für ihre Unternehmen entwickelt, wird das Instrument in vielen KMU und Familienunternehmen zusehends mehr eingesetzt. Gerade in Familienunternehmen ist es wichtig, sich auf gemeinsame Visionen und Werte für die Familie sowie das Unternehmen und ihre Zukunft zu verständigen – namentlich dann, wenn nicht mehr alle Familienmitglieder in die Unternehmensführung eingebunden sind.

TRANSPARENZ SCHAFFEN

Ziel der Eignerstrategie sind klare Vorgaben für die strategische Führungsebene. Die Eigner legen darin fest, welche Entwicklungen, Ziele und Werte sie für das Unternehmen verfolgen wollen. Bei Familienunternehmen bildet idealerweise die Familienstrategie und dabei erarbeitete Familienverfassung die Basis für die zu erarbeitende Eignerstrategie. Regelmässig kommen dabei Aspekte wie Unternehmensnachfolge, Einbindung oder Auskauf von Familienmitgliedern, Aktionärbindungsverträge, Eignerausschuss, Informationsrechte, etc. zur Sprache. Bei Familienunternehmen und Unternehmen der öffentlichen Hand spielen gesetzliche Vorhaben, Stakeholderinteressen und Leistungsaufträge eine Rolle. Eine ganzheitliche und klare Eignerstrategie schafft sowohl für die Eigentümer als auch für die Unternehmensführung Vorteile: Die Eigentümerinteressen werden transparent diskutiert sowie gemeinsame Ziele und Werte festgelegt.

In einer Eignerstrategie werden zwei Dinge festgelegt: Erstens ist eine Absicht zu definieren, welche der oder die Eigner mit der Beteiligung an einer Unternehmung verfolgen. Zweitens sind Rahmenbedingungen zu schaffen bezüglich Ziele und der Art ihrer Erreichung. Beides sind zentrale Aufgaben der strategischen Führung. Eine Einsitznahme der jeweiligen Interessenvertreter aus der Familie im Verwaltungsrat ist aber nicht zwingend erforderlich.

 

EIGNERZIELE

Eignerziele legen fest, welche Ziele die Eigner mit dem Unternehmen verfolgen. Die strategischen Ziele der Eigner zielen auf die mittelfristige Entwicklung des Unternehmens. Damit sind sie sinngemäss dynamischer als die Eignerstrategie und sind periodisch (z.B. alle zwei Jahre) an die Veränderungen der zu erfüllenden Aufgaben, der Marktausrichtung oder des wirtschaftlichen Umfeldes anzupassen.

• Die Eignerziele sind durch die strategische Führung festzulegen; sie bieten ihr eine Gelegenheit, sich periodisch über Sinn und Zweck ihrer Beteiligungen klar zu werden. • • Die Eignerziele schaffen Leitplanken, innerhalb deren sich das Unternehmen entwickeln soll.
• Eignerziele sollten den unternehmerischen Spielraum nur so weit zwingend notwendig beschränken, um der strategischen Führung (VR-Gremium) genügend unternehmerischen Handlungsspielraum zu belassen.
• Ziele bezüglich der zu erfüllenden Aufgaben sollten in einer gesonderten Leistungsvereinbarung definiert werden. Zusätzlich sind dort Massnahmen zur Performancemessung sowie Key Indicators festzuhalten.
• Eignerziele sind in der Regel qualitative Ziele, deren Erfüllung mit qualitativen Methoden zu messen ist. (Definition sog. Key Indicators)
• Im Falle von Konflikten, was jedoch die Ausnahme sein soll, hat der Eigner eine Priorisierung zuhanden der strategischen Führung vorzunehmen, bzw. festgelegt.

 

UNTERNEHMENSSTRATEGIE FOLGT DER EIGNERSTRATEGIE

Wie jede Strategie sollte auch die Eignerstrategie periodisch überprüft und wenn nötig angepasst werden (z.B. alle 2-3 Jahre). Spätestens dann, wenn sich die Besitzverhältnisse ändern, neue gesetzliche Vorgaben in Kraft treten oder die Unternehmensstrategie überarbeitet wird. Unternehmensstrategie und Eignerstrategie müssen aufeinander abgestimmt sein.

 

ERARBEITUNG DER EIGNERSTRATEGIE

Die Erarbeitung einer Eignerstrategie ist als interaktiver Prozess zu verstehen, indem sie nicht einfach als «Vorgabe» durch die Eigner dem Unternehmen zur Umsetzung übergeben wird. Im Rahmen von Umsetzungen in der Praxis wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:

  • Die Vorbereitung des Prozesses findet in der strategischen Führungsebene statt. Die zu lösende Aufgabenstellung lautet: Was ist in der Eignerstrategie auf jeden Fall zu regeln?
  • Der Fokus liegt dabei auf der langfristigen Ausrichtung der Aufgabenerfüllung durch das Unternehmen und nicht auf operativen Aspekten. In dieser Phase werden im Detail festgelegt, welche Punkte der Checkliste bearbeitet werden sollen und welche Themen nicht vertieft werden.
  • Die Eigner geben jeweils die Eckdaten vor. Darauf basierend, erstellt die strategische Führung den Entwurf, der wiederum von den Eignern überarbeitet und schliesslich genehmigt werden muss. Entscheidend ist dabei das Zusammen-wirken der verschiedenen Ebenen. Nur wenn der Prozessgemeinsam getragen wird, wird das Ergebnis verständlich und umsetzbar sein.

In einem Workshop, an dem Vertreter der Eigner und der strategischen Führungsebene teilnehmen, werden die für beide Seiten jeweils als wichtig erkannten Themen eingebracht und begründet. Damit sich alle Personen den inhaltlichen Fragen widmen können, hat es sich bewährt, diesen Workshop von einer Person moderieren zu lassen, welche weder mit dem Unternehmen noch mit dem Eigner verbunden ist. Wesentlich ist die laufende Protokollierung der Bemerkungen und Inputs der Teilnehmer. Damit können allfällige Unklarheiten oder Missverständnisse gleich vor Ort diskutiert und bereinigt werden.

Zu Beginn werden die Tagesordnung, die zu eireichenden Ziele und allfällige Spielregeln zur Verhaltensweise, z.B. in Konfliktsituationen bekanntgegeben. Anhand der Checkliste (s. Anhang) zur Vollständigkeit einer Eignerstrategie werden dann die einzelnen Punkte bearbeitet. Als Einstieg in die Diskussion eignet sich die Vertiefung der folgenden Punkte, welche die Autonomie des Unternehmens aus Sicht des Eigners und aus Sicht des Unternehmens behandeln:

Unternehmerische Autonomie: Wie eng muss sich das Unternehmen an die Vorgaben halten? Kann es weitere Bereiche eigenständig entwickeln und am Markt anbieten? Wie frei soll es bezüglich Beteiligungen sein?

Organisatorische Autonomie: Wie frei soll das Unternehmen sein, sich organisatorisch bezüglich des Geschäftsmodells entwickeln zu können (inkl. allfälligen Vorgaben zu: Aufbau- uns Ablauforganisation sowie zum Geschäftsmodell mit den Geschäftsprozessen)?

Finanzielle Autonomie: Über welchen Grad an Autonomie in finanziellen Aspekten soll das Unternehmen verfügen (z.B. Finanzierung des Betriebs und von Investitionen; Aufnahme von Krediten)?

Personelle Autonomie: Über welchen Grad der Handlungsfreiheit verfügt das Unternehmen bei personellen Aspekten? Welche Vorgaben sind z.B. bei der Entlöhnung zu beachten? Können die Mitarbeitenden beteiligt werden?

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Vorgaben in der Eignerstrategie meist zu allgemein gehalten werden. Mitglieder der strategischen Führungsebene wünschen dagegen klare und konzise Vorgaben. Damit können Unklarheiten und Missverständnisse weitgehend ausgeschlossen werden. 

Wird die Erarbeitung der Eignerstrategie auf die dargestellte Weise vorgenommen, liegt nach dem ersten Workshop eine erste Fassung vor, welche im dafür gebildeten Gremium (Eignerausschuss) weiter zu vertiefen ist und anschliessend die finale Version zur Verabschiedung erstellt wird. 

 

Checkliste 

DIE EIGNERSTRATEGIE UND IHRE GRUNDELEMENTE 

Allgemeines: 

  • Sinn und Zweck der Eignerstrategie 
  • Gesetzliche und politische Grundlagen 

Eigner: 

  • Beschreibung Eigentümerkreis 
  • Rolle und Organisation der Eigentümer 
  • Ziele der Eigentümer 
  • Unternehmensnachfolge 
  • Aktionärsbindungsverträge 
  • Ehe – und Erbverträge 
  • Leistungsaufträge und -vereinbarungen 

Vorgaben für das Unternehmen: 

  • Corporate Social Responsibility 
  • Politische, wirtschaftliche und soziale Zielsetzungen 
  • Organisation 
  • Information 
  • Vorgaben zu Führung und Effizienz 
  • Vorgaben zu Transparenz oder Verschwiegenheit 

Finanzielles: 

  • Finanzierung des Unternehmens 
  • Entschädigungs- und Dividendenpolitik 
  • Wachstum und Anreizsysteme 
  • Nachschusspflichten und Garantien

Schlussbestimmungen: 

  • Verbindlichkeitserklärung 
  • Überprüfung und Anpassung 
  • Inkrafttreten und Dauer 

Artikel von Rolf Brunner, Partner & VR-Präsident CONTINUUM AG, 26. Juli 2022.

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