Die Regelung der Nachfolge in Familienunternehmen beinhaltet mehr als die Übergabe des bekannten Staffelstabs. Weit mehr: Es geht darum, verschiedene Phasen gezielt zu durchlaufen.

Ein Nachfolgeprozess innerhalb eines Familienunternehmens kann im Wesentlichen in folgende fünf Phasen unterteilt werden:

  • Phase 0 — Klärung der Vermischung von Familie und Betrieb
  • Phase 1 — Die Nachfolgefähigkeit herstellen
  • Phase 2 — Strategie und Nachfolgeplan erstellen
  • Phase 3 — Übergang
  • Phase 4 — Wachstum (Qualität) des weiteren Generationenkreises

Der wesentlichste Faktor im gesamten Prozess ist jedoch die Phase 0. Was verbirgt sich dahinter?

Wie man ein Unternehmen zerstört …

Bei Unternehmerfamilien und Familienunternehmen vermischen sich laufend die Themen rund um die Familie sowie unternehmerische Tätigkeit. Je nach der Intensität der Vermischung kann es schwierig werden – gepaart mit wirtschaftlichen Folgen. Das lässt sich in etwa so umschreiben: Wenn ein Unternehmer mit 70 Jahren die Nachfolge noch nicht geregelt hat, hat er mit 60 Jahren begonnen, das Unternehmen zu zerstören. Erfahrungen aus der Beratungspraxis zeigen, dass der häufigste Fehler in Familienunternehmen die vermeintliche Unsterblichkeit der Seniorengeneration ist. Es ist gefährlich, wenn sich noch 90-jährige Patrons in den Unternehmen für unersetzlich halten, auch wenn sie es nicht sagen, es aber doch so leben. Es ist möglich, trotz oder gerade wegen einer Familie das Unternehmen in einem geschickten Prozess weiterzugeben.

Geschickter Prozess versus fehlerhafter Prozess

Ein Fehler ist, wenn die Verschriftlichung fehlt. Unternehmensinterne Rollen, Entscheidungsbefugnisse und selbst Nachfolgeregelungen werden oftmals nicht oder nur ungenügend festgehalten. Dadurch entsteht ein unnötiger Interpretationsspielraum und die Verbindlichkeit geht verloren. Damit sind Konflikten Tür und Tor geöffnet. Es drängt sich deshalb auf, eine sogenannte Familienverfassung zu erarbeiten. In dieser werden familiäre und unternehmerische Entscheidungsprozesse und Nachfolgeregelungen umfassend und konkret definiert. Die Essenzen daraus sind dann die Basis für die nachfolgende Eignerstrategie, die daraus resultierenden Aktionärsbindungsverträge sowie Ehe- und Erbverträge. Dabei werden die Gerechtigkeiten innerhalb der nachfolgenden Generation thematisiert und die Entscheidungen sind auch aus objektiver Betrachtung akzeptiert. Denn: Ungerechte Entscheidungen rächen sich früher oder später. Um zu gerechten Entscheidungen zu kommen, sollen die Themen Eigentum und Führung voneinander getrennt werden. Dabei wird auf einmal eine familienexterne Geschäftsführung, wenn auch temporär, zu einer denkbaren Option. Auch wenn zumeist einer familieninternen Lösung der Vorzug gegeben wird: Eine familienexterne Lösung gibt Raum und Zeit zugunsten der Unternehmerfamilie und der Familienunternehmung. Kurz: Starten Sie also mit Überzeugung mit der Phase 0.

 

Artikel von Rolf Brunner, Partner und Mitglied des Verwaltungsrates CONTINUUM AG, Organisator (Seite 13), Februar 2023

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