Ich führe einen kleinen Familienbetrieb und möchte mich zur Ruhe setzen. Meine Tochter wäre bereit, den Betrieb fortzuführen. Worauf müssen wir bei der Übergabe achten? Es zeichnen sich auch gewisse Konflikte ab, da sie viele neue Ideen hat, die mir teils blauäugig und riskant erscheinen. Mir ist eine gewisse Kontinuität wichtig.

Bevor Ihre Frage beantwortet werden kann, muss Grundlegendes geklärt werden. Zugleich sollten Sie sich bewusst sein, dass es beidseitig immer auch eine subjektive Sichtweise gibt. Hinzu kommt, dass Sie vielleicht auch noch die Meinungen anderer Familienmitglieder oder anderen Personen, die für das Unternehmen wichtig sind, einholen sollten. Konkret empfehlen wir, in Gesprächen mit den involvierten Personen die folgenden Fragen zu klären. Dies auch aufgrund unserer Erfahrung in der Beratertätigkeit und entlang unseres erprobten Strategie-Quartetts (Ich, Familie, Vermögen, Unternehmung):
— Welches sind Interessen der anderen Familienmitglieder?
— Welches sind die konkret vorhandenen Kompetenzen der Tochter, und zwar aus Sicht der Tochter und des Vaters? Sind Fähigkeiten und Neigungen überhaupt vorhanden?
— Wäre es sinnvoll, einen Business Case einzuverlangen, damit man erkennt, wie die Tochter es anpacken möchte?
— Welches ist die Strategie der Unternehmung? Passt das Vorhaben der Tochter in den strategischen Rahmen?
— Wie steht es mit der Risikobereitschaft der Unternehmung, aber auch der Tochter und damit verbunden ihrem persönlichen Engagement?
— Bestehen konkrete Führungs- und Verhaltensregeln in der Firma? Welche Leadershipqualitäten sind bei der Tochter erkennbar oder noch nicht vorhanden/ausgeprägt? — Ist die Bereitschaft der Tochter zu Weiterausbildung vorhanden?
— Welches ist die Meinung/ Einschätzung von Dritten, namentlich der familienexternen Personen, welche bereits im Betrieb tätig sind?

Ideal ist, diesen Fragenkatalog, basierend auf dem erwähnten Strategiequartett, mit der Tochter und weiteren zu definierenden Schlüsselpersonen aus dem Betrieb sowie Familie durchzunehmen.

Besprechen, wie man mit Konflikten umgehen will

Dabei sollen Leitplanken, bzw. Spielregeln unter involvierten Personen (Familie und familienexterne Personen) festgelegt werden, bevor es losgeht. So nicht zuletzt, wie geht man im Grundsatz mit möglichen Konflikten um. Wie ist der Umgang mit vertraulichen Informationen? Generell soll definiert werden, was wo und wann besprochen wird. Ziel muss es sein, die anderen Kinder sowie Schlüsselpersonen aus dem Betrieb auf den gleichen Informationsstand in der Frage der Nachfolgeregelung zu setzen und damit eine allseits gewünschte Übernahme des Unternehmens auszulösen. Dies ist die optimale Basis für das weitere Vorgehen und einen verheissungsvollen Nachfolgeprozess.
Artikel von Rolf Brunner, Partner und VR-Präsident CONTINUUM AG, Luzerner Zeitung, 17. September 2021
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